Donnerstag, 29. Juli 2010

Zeichnen – Erste Schritte und richtig Beobachten lernen

Beim Zeichnen übertragen wir ein 3-dimensionales Motiv auf eine 2-dimensionale Zeichenoberfläche. Das heißt, dass wir auch die Perspektive, die räumliche Wahrnehmung, die dritte Dimension, auf das flache Blatt Papier zeichnen müssen. Dafür gibt es hilfreiche Perspektivrahmen/Motivsucher (siehe u.a. meinen Beitrag vom 15.02.10) mit denen man das zu zeichnende Motiv 2-dimensional betrachten kann. Solche Perspektivrahmen kann man im Künstlerfachmarkt kaufen oder selbst bauen (wenn Interesse besteht kann ich zwei Bauanleitungen veröffentlichen). Mit solch einem Motivsucher sollte man eine Weile üben um Verkürzungen, Winkel und Proportionen besser zu erkennen und damit das Auge trainieren um besser beobachten zu lernen.

Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, eine Form richtig auf dem Papier darzustellen. Dafür gibt es 3 hilfreiche Vorgehensweisen:

1) Markante Punkte fixieren und auf dem Zeichenblatt übertragensterbender_gallier_hilfspunkteAuf diesem Foto vom sterbenden Gallier habe ich markante Punkte aufgetragen. Stellen wir uns vor wir möchten diese Skulptur zeichnen, so ist es erstmal hilfreich die Gesamthöhe oder –breite anhand von Begrenzungslinien auf dem Papier einzuzeichnen. Somit können wir genau bestimmen, wie groß und wo die Figur auf dem Zeichenblatt platziert wird. Als nächstes bestimmen wir die Mitte der Gesamthöhe oder –breite (auf dem Foto oben habe ich die Gesamthöhe eingetragen (vertikale Linie) und den Mittelpunkt in Blau). Dieser Mittelpunkt dient als Markierungspunkt und wir können mit ihm die Position anderer markanter Punkte innerhalb des Motivs festhalten. So z.B. erkennen wir, dass der linke Ellenbogen (von der Figur aus gesehen) kurz unterhalb des Mittelpunktes liegt.

abmessenFür das “Abmessen” können wir den Bleistift benutzen: Arm austrecken, Bleistift am unteren Ende anfassen, Kopf an der Schulterseite des ausgestreckten Arms anlehnen, ein Auge schließen, mit der Bleistiftspitze ein Fixpunkt anvisieren und mit dem Daumen die Länge abmessen.
Somit haben wir eine Länge, die wir mit anderen Längen der Figur vergleichen können. Manchmal ist das Motiv länger als der Bleistift und wir müssen zweimal messen (am Fixpunkt des Daumens die Bleistiftspitze wieder anlegen).
Mit diesem Prinzip können wir alle Horizontalen und Waagerechten abmessen und sogar Winkel besser beobachten. Wichtig ist, dass wir immer an der gleichen Stelle stehen und den Arm und den Kopf immer in der gleichen Stellung beim Abmessen beibehalten.

 

 

Auf diese Weise und mit Hilfe der vertikalen Gesamthöhe und des Mittelpunktes können wir am sterbenden Gallier bestimmte Fixpunkte ausmachen. So ist z.B. die Höhe des Fixpunktes am rechten Oberarm 1/3 der Gesamthöhe von oben betrachtet und seine horizontale Position die gleiche Strecke. Und der Fixpunkt am rechten Fuß liegt etwas mehr als 2/3 der Gesamthöhe rechts der vertikalen Höhenlinie. Meist verwendet man auch eine Einheitslänge (vorzugsweise die Kopfhöhe), anhand man dann schnell andere Streckenlängen vergleichen kann. Das Abmessen dient vor allem dazu, das Auge zu trainieren. Später wird man diese Hilfspunkte und –linien mental abmessen können. Doch bis dahin bedarf es einiges an Übung.

2) Geometrisierung des Motivssterbender_gallier_blocking Als nächstes sollte man das Motiv als Block mit geraden Umrandungslinien analysieren und darstellen. Auch hier bedienen wir uns des Bleistiftes um Länge und Winkel der einzelnen Linien abzumessen. Damit lassen sich die Formen einfacher erkennen und später darstellen. Anschließend brauchen wir nur noch die Rundungen in der Kontur mit den geraden Linien zu vergleichen.

3) Rundungen richtig beobachten und auf die Zeichenoberfläche übertragen
sterbender_gallier_kurvenRundungen lassen sich auf einfache Weise analysieren und darstellen. Als erstes bestimmt man die Anfangspunkte einer Rundung (sowohl Höhe wie auch Breite) und zieht eine gerade Linie zwischen diesen beiden Punkten. Dann bestimmt man die weiteste Stelle der Rundung zu dieser geraden Linie. Anschließend lässt sich die Kurve gut übertragen.

 

sterbender_gallier_kurven_2

Mit diesen ersten Schritten lässt sich ein Motiv gut erfassen und seine Kontur proportionstreu auf die Zeichenoberfläche übertragen. Die Vorgehensweise ist sehr mechanisch und bietet daher kaum Spielraum für den eigenen Zeichenstil und die künstlerische Freiheit, jedoch lernt man dabei besser zu beobachten, was das A und O des Zeichnens ist.

Aus: The practice & science of drawing (Harold Speed)

Montag, 19. Juli 2010

Jonas Burgert

Längst vertraut Zufällig habe ich heute eine Doku (Phantastische Lügen) über Jonas Burgert gesehen. Sofort haben mich seine Bilder gepackt! Surrealistisch, bedrückend und gleichzeitig vor Freiheit sprühend, mit giftigen Farben und doch farbenfroh… das waren meine erste Eindrücke. Natürlich ist mir auch sofort das zeichnerische Können aufgefallen. Die menschliche Figur, Proportionen und Perspektive… all das was ich zur Zeit mühsam lerne, wunderbar auf die Leinwand gemalt.
Seine Bilder sind riesengroß, nicht selten über 4m.

Ich kannte diesen Künstler nicht und bin froh diese Sendung gesehen zu haben.
Tipp: am 24. und 29.07. wird die Sendung wiederholt. Weitere Sendetermine findet ihr hier.

Weitere interessante Links:
- Homepage Jonas Burgert (empfehlenswert sind die Texte auf seiner Seite)
- Jonas Burgert in der Produzentengalerie
- Ausstellungskritik aus 2008 im artmagazin

Kalk Stück Hirn

Zweiter Tag Nichts

Schergen Tat markiert

Donnerstag, 15. Juli 2010

Skizzen Augen und Mund

Während meines kurzen Aufenthalts in Spanien - um das WM Finale mit meinen Landsleuten zu sehen :) – habe ich für das Zeichnen etwas Zeit gefunden. Nachfolgend einige Studien zu Augen und Mund aus dem Buch The Human Figure von John H. Vanderpoel. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an Stephan und sein Blog My journey into art, der mich zum Kauf dieses Buch inspiriert hat.
augen mund
Diese Übungen dienten nicht um die Anatomie zu lernen (dazu fehlten mir die Anatomie Bücher), sondern um weiter an meiner Strichführung, Handhabung der Zeichenmaterialien und Tonwertverteilung zu üben. Verwendete Zeichenmaterialien: Bleistift, Rötel, Pastell und Kreide auf farbigem Ingres Pastellpapier.

Weltmeister !!!

olé

Dienstag, 6. Juli 2010

Skulpturen

TIPP: Während ich nach Informationsquellen über den Doryphoros gesucht habe fand ich diese Galerie. Das Besondere daran ist, dass man in die Darstellungen reinzoomen kann. Eine gute Quelle um Kopien zu erstellen um weiter an der Anatomie und den Proportionen zu üben.

Am Besten mit Firefox öffnen.

Doryphoros und die Proportionen

doryphoros1 doryphoros2

Doryphoros, römische Kopie, Vorderansicht

Rückansicht

Der griechische Bildhauer Polyklet schuf um 440 v. Chr. seine wohl bekannteste Statue “Der Speerträger (Doryphoros)”. Sie ist das Resultat seiner Proportionstheorie, Kanon genannt. Heute existieren keine seiner Werke, doch sind viele Kopien (meist in der Römerzeit geschaffen) erhalten geblieben, sodass wir die Möglichkeit haben, sein Proportionsschema kennenzulernen. Dieser wird noch heute, fast 2500 Jahre später, verwendet.

Am Doryphoros kann man u.a. folgende Proportionierungen herausleiten:
- Kopf (Scheitel bis Kinn) –> 1/8 Körperlänge
- Gesicht (Haaransatz bis Kinn) –> 1/10 Körperlänge
- Stirn, Nase, Mundpartie jeweils 1/3 vom Gesicht
- Schulterbreite 1/4 Körperlänge
- Taille 1/6 Körperlänge
- Hüfte 1/5 Körperlänge

Darüber hinaus ist auch der Goldene Schnitt in der Figur enthalten und zwar in den Verhältnissen zwischen:
- Scheitel bis Nabel und Nabel bis Fußsohle
- Fußsohle bis Knie und Knie bis Nabel
- Scheitel bis Hals und Hals bis Nabel

Seine Statuen wurden also nicht nach dem lebenden Modell abgefertigt, sondern folgten einer Idealfigur.

Besonders zu erwähnen sei die Tatsache, dass Polyklet die meisten seiner Figuren im Kontrapost darstellte, also das Spiel mit Standbein (der das Körpergewicht trägt) und Spielbein (der das Gleichgewicht hält). Durch diese Körperhaltung ergeben sich besondere Gegensätze innerhalb der Figur: Ruhe und Bewegung, Spannung und Entspannung, Hebung und Senkung. Es ist ein Gleichgewicht von Gegensätzen. Der Becken hebt sich auf der Seite des Standbeins, gleichzeitig neigt sich die Schulter entgegen. Der Oberkörper beschreibt dabei ein S-Linie (besonders in der Rückenansicht zu erkennen).

Am Doryphoros können wir auch sehr gut die Anatomie studieren. Die markantesten Stellen wo sich die Knochen und Muskeln unter der Haut abzeichnen sind besonders gut zu erkennen (Rippen, Brustkorb, Schädel, Schienbein, etc.).

Polyklet hat mit dem Doryphoros ein Meisterwerk erschaffen, der uns als Proportionsschema und als organische Gliederung des Körpers sehr hilfreich ist.

Donnerstag, 1. Juli 2010

Skizzenbuch - Akt

Nachdem ich die letzten Tage weiter am Proportionsschema gearbeitet habe, schlich sich so langsam etwas Langeweile auf. Naja, Langeweile ist es nicht gerade, aber etwas zermürbend. Wie ein österreichischer Künstler einmal zu mir sagte… “wenn man zeichnen lernt schleicht sich irgendwann Langeweile auf, es stockt, weil man immer und immer wieder das Gleiche machen muss um zu lernen. Aber da muss man durch. Erst danach kommt der Spaß.”

Um etwas Abwechslung zu bekommen, habe ich eine Kopie eines Frauenaktes nach Fotoreferenz gezeichnet. Aber auch hierbei waren mir die Proportionen und Linienführung sehr wichtig. Ergänzt wird es mit Tonwerten, wobei ich mir während des Zeichnens immer wieder hinterfragt habe, warum die Schattierungen dort sitzen wo sie sind, um die Anatomie weiter besser zu verstehen.

akt_0710_original akt_0710_kopie

Original

Kopie, Bleistift 2B, DIN A4
hätte mir mit dem Ohr und mit dem Gesicht geben können, am Ende gewann aber (wieder einmal mehr) meine Ungeduld. Der Oberarm hätte auch dicker sein müssen und das Gesicht etwas kleiner.